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Ohrakupunktur

Ohrakupunktur

Die Ohrakupunktur (auch bekannt als ´Auriculo-Therapie´) ist eine Diagnose- und Therapieform, die sich auf eine Behandlung des gesamten Organismus über das Ohr und sein direktes Umfeld konzentriert.

Aus der Embryologie (Teilgebiet der Entwicklungsbiologie, das sich mit der Entwicklung der befruchteten Eizelle und des daraus entstehenden Embryos beschäftigt) weiß man, dass verschiedene Köperpartien und Gewebe einen gemeinsamen Ursprung haben und auch im späteren Leben untereinander verbunden sind. So erklärt sich, dass die Stimulation eines Areals (z.B. durch Stich einer Nadel in einen Akupunkturpunkt) die Funktion eines anderen Areals (z.B. eines Organs wie der Leber) beeinflusst.

Darüber hinaus fand man mehrere Somatotope am Menschlichen Körper. Ein Somatotop ist eine landkartenähnliche Abbildung des Körpers in einem seiner Teile. Auf dem Ohr findet man ein solches Somatotop, also eine Darstellung des Körpers verteilt über das Ohr.

Besondere Lage des Ohrs

Das Ohr hat als Zugang zu den inneren Funktionen des Körpers eine ganz besondere Lage: Es liegt in direkter Nähe zum Gehirn und hat sehr kurze, direkte Verbindungswege dahin!

Auch wenn viele Prozesse im Körper selbst ablaufen, findet die Wissenschaft doch immer mehr Belege dafür, dass letzten Endes "alle Fäden im Gehirn zusammenlaufen" und es deshalb auf noch so kleine Funktionen in weit entfernten Bereichen des Körpers einen massiven Einfluss hat.

Eine Theorie sieht die Wirksamkeit der Ohrakupunktur in der Beziehung der Ohrmuschel zum Gehirn und der dort befindlichen Formatio reticularis (Nervenverbände im Gehirn, die die entscheidende Schaltstelle zwischen Gehirn und Körper darstellen): Reize auf die Ohrmuschel werden nach dieser Theorie auf extrem kurzem Weg über die Formatio reticularis zum Gehirn oder zum Erfolgsorgan im Körper weitergeleitet.

Anwender der Ohrakupunktur sehen in ihr deshalb einen der direktesten Zugänge zum Gehirn. Einige sind sogar der Meinung, dass über das Ohr mittels Akupunktur alles erreichbar ist, was auch mit der Körperakupunktur erreichbar ist. Darüber lässt sich sicherlich streiten, denn die Körperakupunktur bringt den zusätzlichen Vorteil mit sich, dass ggf. sehr nah an einem betroffenen Gebiet akupunktiert werden kann - das Beste ist sicherlich, im Einzelfall abzuwägen, welche Herangehensweise die sinnvollste ist und ggf. Verfahren zu kombinieren.

Unterschiede zur "klassischen Akupunktur"

Wenn der Laie an Akupunktur denkt, dann sieht er vor seinem inneren Auge zumeist Menschen auf Liegen mit allerlei Nadeln quer über den ganzen Körper verteilt.

Tatsächlich ist diese Vorstellung gar nicht so abwegig, denn Therapeuten, die nach der Philosophie der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) akupunktieren nutzen tatsächlich häufig (aber nicht immer) mehrere über den Körper verteilte Akupunkturpunkte, um eine gewünschte Stimulation zu erzielen. Dazu muss der Klient zumeist in eine entsprechende Position (liegend auf dem Bauch oder Rücken) gebracht werden und sich ggf. entkleiden, damit der Akupunkteur die zu behandelnden Punkte erreicht.

Bei der Ohrakupunktur ist das anders. Hier arbeitet der Therapeut hauptsächlich mit Akupunkturpunkten am Ohr und nutzt nur gelegentlich noch ein oder zwei zusätzliche Körperpunkte, wenn diese für die Behandlung besonders förderlich sind.

Der Patient kann während der Ohrakupunktur bequem liegen oder zurückgelehnt sitzen und muss sich nicht entkleiden.

Ablauf einer Ohrakupunktur

Nach Diagnosestellung (eine Stimulation verschiedener Punkte am Ohr kann bereits bei der Diagnose unterstützen) und Festlegung des Behandlungsziels stellt der Akupunkteur fest, welche Punkte am Ohr zur Behandlung sinnvoll sind.

Er prüft dann mit Hilfe eines elektronischen Messgeräts die Leitfähigkeit dieser Punkte (hohe Leitfähigkeit = hohe Aktivität und damit i.d.R. als Behandlungspunkt geeignet) und achtet auf besondere Sensibilität an einzelnen Stellen.

Dann platziert er die Nadeln (durchschnittlich 3-5 Stück). Hierbei werden sterile Einmal-Nadeln aus Stahl verwendet. Die Nadeln sind besonders dünn (wie ein Haar) und der Einstich ist zumeist kaum zu spüren. Die Nadeln verbleiben dann für 20-30 Minuten im Ohr, während der Patient sich entspannt.

Die Anzahl der notwendigen Behandlungssitzungen ist von der Diagnose anhängig und reicht von einmaligen Sitzungen bis hin zu regelmäßig wiederkehrenden Behandlungen (z.B. bei chronischen Erkrankungen).

Entwicklung der Ohrakupunktur

Noch ein paar Worte zur Entstehung und Entwicklung der Ohrakupunktur:

Die Wurzeln der Ohrakupunktur reichen zurück bis ins Altertum zu Hippokrates (5. Jh. v. Chr.).

Hinweise auf die Ohrakupunktur finden sich auch in 2000 Jahre alten chinesischen Schriften oder im alten Ägypten.
Und sogar die Piraten früherer Zeiten kannten Einfluss und Wirkung bestimmter Punkte am Ohr auf den Körper: Ihre markanten goldenen Ohrringe wurden durch den „Augenpunkt“ gestochen, der die Sehkraft verbessern soll.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin war zwar durchaus bekannt, dass am Ohr Akupunkturpunkte vorhanden sind, diese wurden aber lange Zeit nicht allzu intensiv genutzt.

Erst als der französischen Arzt Paul Nogier (1908-1996) die Ohrakupunktur für die westliche Medizin entdeckte kam der "Stein richtig ins Rollen". Er sah an Patienten aus Nordafrika, dass diese Narben am Ohr hatten, die von einer Behandlung gegen Rückenschmerzen stammte, die sie als sehr wirksam beschrieben und begann das Ohr und seine Reflexzonen zu erforschen. Er erkannte reflektorische Beziehungen und korrespondierende Wechselwirkungen zwischen bestimmten Punkten auf dem Ohr und dem Körper: In der Ohrmuschel sind die Reflexzonen der Körperorgane so angeordnet, dass sie das Bild eines auf dem Kopf stehenden Embryos ergeben! Diese Erkenntnisse präsentierte er 1956 auf einem Akupunktur-Kongress und begründete damit eine neue Sichtweise der Akupunktur, die nicht wie in der chinesischen Medizin "Wärme im Nierenmeridian" und "Fülle im Blasenmeridian" beschreibt (erklärbare Begriffe, die für den westlichen Betrachter aber sehr abstrakt wirken), sondern direkte konkrete Punkte wie einen "Analgesie-Punkt" (Betäubungspunkt), Punkte für die einzelnen Körperteile oder einen "Depressions-Punkt" beschreibt.

Nogiers Erkenntnisse wurden in China mit großem Interesse aufgenommen, sodass die Ohrakupunktur im 20. Jahrhundert auch in der chinesischen Medizin einen Aufschwung erlebte.

Mittlerweile gibt es 2 grundsätzliche "Ohr-Landkarten" an denen sich Akupunkteure bei der Lokalisation von Punkten orientieren können: Die der Ohrakupunktur nach Nogier und die der Ohrakupunktur im Sinne der Traditionellen Chinesischen Medizin, die sich interessanter Weise in einigen Aspekten unterscheiden, gemeinsam aber doch eine interessante Synergie ergeben, sodass die meisten Ohrakupunkteure mit einer Kombination aus beiden arbeiten.

Anwendungsgebiete / Indikationen der Ohrakupunktur

  • Arthrose
  • Bandscheibenvorfall
  • Bluthochdruck
  • Chondropathia patellae (Knorpelveränderung an der Kniescheibe)
  • Colitis ulcerosa (Darmentzündung)
  • Durchfall
  • Fettleber
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Gallensteine
  • Gicht
  • Glomerulonephrits (nicht bakterielle Entzündung der Nieren)
  • Hämorrhoiden
  • Harnwegsinfekte
  • Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse)
  • Herzbeschwerden, funktionell (ohne organische Ursache)
  • Herzinsuffizienz
  • Hexenschuss
  • Kinderlosigkeit, ungewollt
  • Kopfschmerz
  • Kontaktekzem, allergisches
  • Koronare Herzkrankheiten
  • (Erkrankungen durch Einengung oder Verschluss der Herzkranzgefäße, z. B. Herzinfarkt)
  • Magenschleimhautentzündung
  • Mandelentzündung
  • Menstruationsstörungen
  • Migräne
  • Morbus Bechterew
  • Morbus Crohn (Darmentzündung)
  • Morbus Sudeck (Folgeerkrankung nach Fraktur)
  • Nesselsucht
  • Neurodermitis
  • Neuropathien (Nervenerkrankung)
  • Nierenbeckenentzündung
  • Nierensteine
  • Ösophagitis (Entzündung der Speiseröhre)
  • PMS (prämenstruelles Syndrom)
  • Prostatahyperplasie (gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse)
  • Raucherentwöhnung
  • Reizdarm
  • Roemheld-Syndrom (Herzbeschwerden durch ein geblähtes Zwerchfell)
  • Schilddrüsenüber- und –unterfunktion
  • Schilddrüsenvergrößerung, gutartig
  • Schmerzzustände
  • Schulter-Arm-Syndrom
  • Schuppenflechte
  • Suchttherapie
  • Sexualstörungen
  • Tinnitus
  • Trigeminusneuralgie (Entzündung des Trigeminus-Gesichtsnervs)
  • Ulcus pepticum (gutartiges Magengeschwür)
  • Verstopfung
  • Wechseljahrsbeschwerden

Hinweis zu naturheilkundlichen Verfahren

Hinweis nach dem Heilmittelwerbegesetz: Wir machen darauf aufmerksam, dass die Wirkung vieler Methoden der Naturheilkunde und biologischen Medizin im streng naturwissenschaftlichen Sinne noch nicht oder nur teilweise bewiesen sind und daher von der evidenzbasierten Medizin (so genannten Schulmedizin) angezweifelt werden.

Die Aussagen über solche Verfahren beruhen daher vorwiegend auf den Erfahrungen der Therapeuten, Anwender und Selbstbehandler, die diese seit vielen Jahren mit den jeweiligen Methoden gemacht haben.

Wenn Sie Fragen zu den Hintergründen und Wirkweisen einzelner Verfahren haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

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